Montag, 4. Mai 2009

YouTube vz. GEMA, wer ist hier der Böse? (Teil 1)

YouTube sperrt Videos mit GEMA-Musik

Ende März/Anfang April kam es zu einem Streit zwischen der Google-Tochterfirma YouTube und der GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte). Die auslaufenden Lizenzverträge bedurften einer neuen Verhandlungsrunde. Seit November 2007 nutzte die Google Tochterfirma YouTube den mit der GEMA vereinbarten Lizenzvertrag, zur Publizierung von Musikclips. Im aktuell schwelenden Streit zwischen der GEMA und Youtube liegt mehr Brisanz als man zuerst denken mag.
Beide Seiten schalten vornehmlich auf stur, vertreten aber im Endeffekt nur, was von ihnen verlangt wird, Ihre Interessen. Die GEMA muss die Interessen der Künstler vertreten, Youtube muss sich an das deutsche Recht halten. Gleichzeitig muss YouTube aber auch versuchen seine Nutzer zufrieden zu stellen.




Kernpunkt der Streitigkeiten ist zum Einen das Vergütungsmodell. YouTube zahlte der GEMA bislang eine Pauschalsumme, unabhängig davon, welches Video abgerufen wurde und wie oft. Die GEMA, die darauf bedacht ist, ihre Künstler transparent und zielgerichtet zu entlohnen, ist mit einer Pauschalzahlung nicht einverstanden. Sie möchte wissen, welches Lied von welchem Künstler wie oft aufgerufen worden ist und fordert aktuell für jeden Aufruf eine Summe in Höhe von einem Cent.
Im Gegenzug hält die GEMA nichts von Transparenz wenn es um die Veröffentlichung der Mitgliedsnamen der jeweiligen Künstler geht, was zur Überprüfung einer entsprechenden Erhebunggebühr der jeweiligen Künstler erforderlich wäre. Zudem sind sich die Parteien über die Höhe der Vergütungen nicht einig. Während YouTube offiziell von einer Forderung von 12 Cents sprach, hieß es seitens der GEMA, es wäre lediglich 1 Cent pro Stream gefordert gewesen. Aufgrund der Uneinigkeiten entschied sich YouTube die geforderten Musikclips zu sperren, um seiner Linie treu zu bleiben. Vergleiche Vorfall in Großbritannien.

Wo bleibt die Transparenz? Wer verdient wie viel woran?

Was nun - 1 oder 12 Cent? Diesen Widerspruch klärte bislang keine der beiden Seiten auf. Ein möglicher Erklärungsansatz: Die Gema hat womöglich 1 Cent geboten, aber nur unter der Bedingung, von YouTube mehr Informationen zum Abruf der Musikvideos zu erhalten. Doch wenn wegen des Konflikts kein neuer Vertrag zustande kommt, könnte die Gema die Abrechnung nach ihren "Lizenzierungsgrundlagen" für "Anbieter von Musikvideo-on-demand-Portalen" verlangen. Und in diesem Dokument (PDF Seitens der Gema...) heißt es, die "Mindestvergütung je entgeltlich oder unentgeltlich" genutzten Werks aus dem Gema-Repertoire mit einer Spieldauer bis zu fünf Minuten betrage 0,1278 Euro. Da sind sie also, die 12 Cent. Die Gema bestreitet, von YouTube jemals 12 Cent gefordert zu haben. Sprecherin Bettina Müller erklärte SPIEGEL ONLINE: "Wir haben YouTube 1 Cent pro Stream angeboten. Die Verhandlungen sind bislang daran gescheitert, dass YouTube nicht bereit war und ist, die Forderungen der Gema nach mehr Transparenz hinsichtlich des genutzten Musikrepertoires zu erfüllen." Hierzu folgendes PDF PDF von Frau Mueller

Wie viel Geld YouTube bei solchen Lizenzbedingungen der Abruf eines Musikvideos tatsächlich kosten würde, kann man nur vermuten: Die Gema-Lizenz deckt nur einen Teil der Rechte an einem Musikvideo ab (Texte und Komposition) - für die Rechte an Filmmaterial und den Aufnahmen der Songs muss YouTube noch einmal extra zahlen. Rechnet man die Gema-Forderung hoch, müsste YouTube bei der Werbung im Bereich der Streams einen sogenannten Tausenderkontaktpreis (TKP) von 120 Euro erzielen, allein um die Gema-Gebühren zu finanzieren. Der YouTube-Manager Patrick Walker kommentiere, ein TKP von 120 Euro ist extrem hoch, da Online-Anzeigenkunden schon einen TKP von 15 Euro nur für ein sehr gutes, demografisch hochattraktives Werbeumfeld zahlen würden.

Wie viele Musikvideos nun eigentlich abgerufen werden, wie viel Anzeigenumsatz mit den Werbeplätzen erzielt werden - all das will YouTube nicht beantworten. Eine sehr grobe Rechnung veranschaulicht allerdings die Größenordnung: YouTube zeigt bei den Nutzerprofilen an, wie oft die Videos eines Mitgliedes abgerufen wurde. Zählt man nun die Videoabrufe der 20 Mitglieder mit den meistgesehenen Clips in der Kategorie "Musiker" in Deutschland im vergangenen Monat zusammen, kommen allein hierdurch mehr als 3,7 Millionen Videoabrufe zusammen. Sprich: Für einen Monat Musik-Werbevideo-Klickerei (der 20 beliebtesten Anbieter) müsste YouTube der Gema knapp eine halbe Million Euro überweisen. 500.000 Euro für 3,7 Millionen Videoabrufe?
Natürlich vertritt jede Seite ausschließlich Ihr Recht! Und natürlich sollen Künstler entsprechend für Ihre Werke honoriert werden! Und nicht andere! Um eine entsprechende Einigung erfolgreich zu erzielen, müssten sich YouTube und die GEMA erneut an einen gemeinsamen Tisch setzen und meiner Meinung nach das Lizenzierungsmodell komplett überarbeiten! Denn im veralteten Vergütungsmodell liegt das Problem, nach dem sich die GEMA orientiert und vom Gesetz her auch orientieren soll. Sie geht in ihren Berechnungen weiterhin davon aus, dass sie es mit einem Push-Modell zu tun haben. Bislang war es so, dass im Radio oder Fernsehen ein Lied gespielt wurde und die jeweiligen Sendeanstalten selber bestimmen konnten, wann sie ein Lied wo und wie oft gespielt haben. Hierbei war die Vergütung jeweils einfach zu regeln. Wurde ein Lied gespielt, war dafür eine Vergütung fällig. Im Fernsehen oder im Radio bestimmt der Sender, wann ein Lied gesendet wird. Durch Plattformen wie YouTube hat sich das jedoch stark gewandelt. Heute haben wir es nicht mehr mit einem Push- sondern mit einem Pull-Modell zu tun. Heutige Konsumenten holen sich ihre Inhalte selber. Hierbei bestimmt nicht YouTube als Sender, welches Lied wie oft gespielt wird sondern der Nutzer dieser Plattform bestimmt, wenn er ein Lied anhören möchte. Nun wäre das prinzipiell auch kein Problem, wenn es nur offiziell zugelassene Musikvideos auf YouTube geben würde. Dafür könnte man Statistiken relativ einfach erfassen. Aber die Realität sieht anders aus! Jeder User kann Musik hochladen und das muss nicht einmal das offizielle Musikvideo sein. Es kann eine Kopie des offiziellen Videos sein, ein Mitschnitt aus dem Radio, eine Reportage, wo ein Lied im Hintergrund gespielt wird oder als musikalische Untermalung eines Kurzfilms. Wenn jemand dem Video nun auch nicht gerade den offiziellen Namen des Künstlers und seines Stückes gibt, wie soll ein Unternehmen all diese Videos erfassen können? Ein ungeheuer großer Aufwand wäre die Folge, die sicher mehr kosten würde, als die Einnahmen, die mit diesen Stücken realisiert werden könnten. Natürlich führt YouTube Statistiken über die Anzahl der Klicks, mit welchem Browser, Betriebssystem, etc. ein jeweiliger Clip aufgerufen wurde, da kann YouTube sonst was erzählen Smile Jedoch wird YouTube sich nicht darauf einlassen entsprechende Informationen an die GEMA weiterzureichen, um wohlmöglich eine entsprechende Grundlage für ein neues Lizensierungsmodell zu schaffen, abgesehen von der GEMA geführten Mitgliedstranzparenz, die die GEMA ebenfalls erfolgreich nicht preisgeben wird! Da die Musikindustrie auch weiterhin ein starkes Interesse am öffentlichen Kanal des Marketing-Instrumentes YouTube hat, um Top-Seller weiterhin zu promoten, hat Universal Music bereits reagiert und ist eine Partnerschaft mit dem deutschen Youtube-Konkurrenten Sevenload eingegangen. Nach Statistiken zu folge, sollen Musikclips über YouTube erfolgreicher promotet werden, als über Fernsehkanäle wie MTV, etc.

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